P.A.T.H. – Evaluation einer Intervention in der Pädiatrie
Die Teilnahme an Interprofessionellen Qualitätszirkeln Frühe Hilfen (IQZ) führt dazu, dass niedergelassene Pädiaterinnen und Pädiater psychosozial belastete Familien besser identifizieren können. Dies ist ein zentrales Ergebnis der P.A.T.H.-Evaluation, die das NZFH in einem Forschungsprojekt mit dem Universitätsklinikum Freiburg durchgeführt hat.
Als Weiterentwicklung der ärztlichen Qualitätszirkel fördern Interprofessionelle Qualitätszirkel Frühe Hilfen (IQZ) die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Akteuren des Gesundheitswesens und der Kinder- und Jugendhilfe. Sie sind das Kernstück der sogenannten P.A.T.H.-Intervention ("Pediatric Attention to Help") in Baden-Württemberg.
Die Teilnahme an den IQZ sowie speziellen Schulungen sollen Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte befähigen, psychosozialen Hilfebedarf bei Familien besser zu erkennen, ihn anzusprechen, die Eltern über Angebote Früher Hilfen zu informieren und bei Bedarf in passgenaue Angebote zu vermitteln. Durch die Teilnahme an den IQZ lernen sie regionale Angebote Früher Hilfen kennen und tauschen sich mit Fachkräften anderer Tätigkeitsbereiche, insbesondere der Kinder- und Jugendhilfe, über Fallbeispiele und mögliche Hilfsangebote für Familien aus. Durch die IQZ soll die Kooperation und Vernetzung zwischen Gesundheitswesen und Kinder- und Jugendhilfe gestärkt und die Überleitung belasteter Familien in die Frühen Hilfen verbessert werden.
Die Pädiaterinnen und Pädiater werden in ergänzenden Schulungen zum Beispiel in klinischer Fallfindung und der Technik motivierender Gesprächsführung mit Eltern fortgebildet.
Evaluation der P.A.T.H.-Intervention
Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) hat die P.A.T.H.-Intervention evaluiert und Wirkungen, Kosten-Effektivität und Akzeptanz bei allen Beteiligten untersucht. Die Evaluation wurde in einem Mixed-Methods-Design durchgeführt, das qualitative und quantitative Methoden und Datenquellen, wie Fragebogenerhebung, Interviews und videogestützte Beobachtungen, kombiniert hat.
Das Forschungsprojekt wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA gefördert und in Kooperation mit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA) als Konsortialpartner durchgeführt. Das NZFH hat die Konsortialführung inne.
Eine ausführliche Beschreibung des Studienprotokolls ist als Fachartikel veröffentlicht: Evaluation of a cross-sectoral care intervention for families with psychosocial burden: a study protocol of a controlled trial
Zentrale Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, dass die P.A.T.H.-Intervention die Identifikation von psychosozial belasteten Familien durch niedergelassene Pädiaterinnen und Pädiater verbessert. Zudem informieren die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte häufiger über Angebote der Frühen Hilfen.
Erste Ergebnisse hat das Forschungsteam beim Kongress Armut und Gesundheit 2023 vorgestellt: Identifikation von psychosozial belasteten Familien in der kinderärztlichen Praxis.
Ein ausführlicher Beitrag ist im Bundesgesundheitsblatt 12/2024 erschienen: Identifikation psychosozial belasteter Familien in pädiatrischen Praxen
Steckbrief
Projektteam
Konsortialführung:
Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)
Ilona Renner, NZFH, BZgA
Dr. Sabine Horstmann, NZFH, BZgA
Dr. Frank Sinß, NZFH, BZgA
Susanne Jünemann, NZFH, BZgA
Maarweg 149-161
50825 Köln
E-Mail: forschung(at)nzfh.de
Konsortialpartner:
Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Medizinische Biometrie und Statistik, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA)
PD Dr. Manuela Glattacker
E-Mail: manuela.glattacker(at)uniklinik-freiburg.de
Datenerhebung
SEVERA – Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung der Uniklinik Freiburg
Zeitraum
Projektlaufzeit: August 2020 bis Dezember 2023
Zielgruppe
- Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte
- Netzwerkpartner aus der Kinder- und Jugendhilfe
- Eltern mit Kindern bis zu 3 Jahren
Ziele
Zentrale Forschungsfragen sind u.a.:
- Trägt die P.A.T.H.-Intervention zu einer passgenauen Überleitung in die Frühen Hilfen bei?
- Identifizieren Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, die an der Intervention teilnehmen, mehr Familien mit psychosozialem Hilfebedarf als Ärztinnen und Ärzte der Kontrollgruppe?
- Informieren teilnehmende Ärztinnen und Ärzte häufiger über Angebote der Frühen Hilfen? Motivieren sie häufiger zur Inanspruchnahme der Angebote?
- Wie ist die Akzeptanz der Intervention bei Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten, Netzwerkpartnern sowie den teilnehmenden Eltern?
- Ist die Intervention kosteneffektiv?
Stichproben
- Quantitative Stichprobe:
- Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte in der Interventionsgruppe (IG), 14 Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte in der Kontrollgruppe (KG)
- 457 Familien mit Kindern im Alter bis zu 3 Jahren
- Qualitative Stichprobe:
- 10 Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte der IG
- 10 Netzwerkpartner aus Kreisen mit IG-Praxen
- 20 Familien (betreut von IG-Praxen)
Methodik/Design
Evaluationsstudie im Mixed-Methods-Design:
- Standardisierte Fragebogenerhebung mit Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten zu familiären Belastungen und Ressourcen der von ihnen rekrutierten Familien
- Standardisierte Fragebogenerhebung mit Eltern zu familiären Belastungen und Ressourcen sowie zu Angeboten der Frühen Hilfen (Bekanntheit, Informierung / Motivierung in der kinderärztlichen Praxis, Inanspruchnahme)
- Qualitative Interviews mit Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten, Eltern und Netzwerkpartnern der Frühen Hilfen zur Akzeptanz der Intervention
- Teilnehmende Beobachtungen in Pädiatrie-Praxen bei Früherkennungsuntersuchungen zur Umsetzung der Intervention
- Zuspielung und Auswertung externer Datenquellen zur Berechnung der Kosteneffektivität der Intervention
Publikationen
Schlett, Christian / Metzner, Gloria / Höhn, Cindy / Giesler, Jürgen M. / Barth, Michael / Kaier, Klaus / van Staa, Juliane / Horstmann, Sabine / Jünemann, Susanne / Siebolds, Marcus / Renner, Ilona / Glattacker, Manuela (2024): Identifikation psychosozial belasteter Familien in pädiatrischen Praxen
In: Bundesgesundheitsblatt 12/2024