direkt zum Hauptinhalt springen

Gesundheitsfachkräfte zur Situation in Familien

Wie nehmen Gesundheitsfachkräfte in den Frühen Hilfen die Situation in Familien wahr? Welche Auswirkungen haben die Einschränkungen auf Familien? Welche Fragen und Bedarfe haben Familien? Ergebnisse der NZFH-Befragung

Fragen von Familien

Werden von den Familien konkrete Fragen an Sie herangetragen, die in direktem Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen? Können Sie diese Fragen beantworten?

  • Zwei Themenbereiche scheinen die Familien vorrangig zu beschäftigen, zu denen sie den Fachkräften Fragen stellen: "Was dürfen wir noch?" und "Wie können wir uns schützen?".
  • Fast jede fünfte Gesundheitsfachkraft nennt Informationsbedarfe der Familien zu geltenden Richtlinien, wie Kontaktverbote (22 Prozent), ob sie "rausgehen dürfen" (16 Prozent) oder wie es mit "Kontakt zu Verwandten/Großeltern" aussieht (10 Prozent).
  • Ähnlich viele nennen Fragen zu Hygieneregeln und Schutzmöglichkeiten (21 Prozent) sowie zu Ansteckungsrisiken und Übertragungswege (16-19 Prozent), insbesondere mit Blick auf die Kinder.
  • Fragen der Familien können die Fachkräfte bisher überwiegend gut beantworten. Sie sind nach Eigenaussage umfassend über Covid19 informiert worden bzw. informieren sich bei Bedarf selbst, zum Beispiel über ihr Netzwerk.

Sorgen, Probleme und Unterstützungsbedarfe

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Sorgen & drängendsten Probleme der Familien? Welche Wünsche werden geäußert, welche Unterstützung brauchen die Eltern?

  • Die Gesundheitsfachkräfte nehmen derzeit ein breites Spektrum an Sorgen, Problemen und Belastungen in den Familien war.
  • Zentral sind dabei existenzielle Ängste (24 Prozent) sowie die Überforderung mit der gegenwärtigen Situation (22 Prozent).
  • Probleme bereiten vor allem die Umstände zu Hause, dass alle auf engstem Raum zusammen sind und wenig Rückzugsmöglichkeiten haben. Auch dass Eltern den Alltag mit Kindern alleine bewältigen, eine fehlende Tagesstruktur und die fehlende Unterstützung durch außerhäusliche Kinderbetreuung oder im sozialen Umfeld nehmen Fachkräfte als Probleme wahr.
  • Hinzu kommen Sorgen vor familiären Konflikten (19 Prozent) und die Ungewissheit über die Dauer dieser Situation (21 Prozent).

"Familiäre Krisen, wirtschaftliche Sorgen, Panik, Ängste und Unsicherheit durch Medienberichte über Corona."

"Wie soll ich meine Kinder beschäftigen?"

"Wie lange dauert die Isolation noch, wann können wir wieder Kontakt mit anderen haben, wann kann die Förderung meines Kindes weiter gehen? Ich kann nicht mehr, wer kann mir helfen."

"Kinderbetreuung fällt weg, man darf nicht auf die Spielplätze....Die Belastungen für die Familien sind größer. Sie bräuchten zum Teil eher mehr Unterstützung als weniger."

Risiko für Gewalt

Welche Risiken und Gefahren sehen Sie aufgrund der Corona-Krise insbesondere für Familien in belastenden Lebenssituationen?

  • Auf diese offene Frage gaben die Gesundheitsfachkräfte am häufigsten ein "höheres Gewaltpotenzial" an (45 Prozent), am zweithäufigsten die Verstärkung und Eskalation von Konflikten und Überforderung.

Sehen Sie in den von Ihnen betreuten Familien aufgrund der Corona-Krise ein verändertes Risiko für Gewalt?

  • Die gestützte Nachfrage zeigt dieses Ergebnis:
    • Knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Gesundheitsfachkräfte sehen ein erhöhtes Risiko für Gewalt in Familien.
    • Knapp jede fünfte Fachkraft (19 Prozent) nimmt bereits erste Anzeichen von erhöhtem Gewalt-Risiko in Familien wahr.

"Der Druck steigt, Belastungen suchen sich ein Ventil. Durch die Isolation werden Familien und ihre Probleme nicht gesehen"

"Familien haben teilweise große Probleme ihre Anliegen zu formulieren bzw. sich so auszudrücken, dass sie verstanden werden."

"Häusliche Gewalt durch Überforderung, Gewalt kann nun mehr im Verborgenen stattfinden"

"Familien mit wenig Ressourcen stehen vor besonderen Herausforderungen, konnten schon unter normalen Umständen ihr Leben nur mit Unterstützung bewältigen, diese Unterstützungen fallen nun z.T. ganz oder teilweise weg und die Familien sind komplett auf sich allein gestellt."

Lösungsvorschläge

Mit welchen Maßnahmen oder welcher Form der Unterstützung könnte diesem erhöhten Risiko für Gewalt in den Familien begegnet werden?

Um dem erhöhten Risiko für Gewalt in den Familien zu begegnen, sehen sich die Fachkräfte vor allem selbst in der "Pflicht" bzw. betonen die hohe Bedeutung von Begleitung und Unterstützung dieser Familien:

  • Neben der Möglichkeit, bei Bedarf weiterhin Hausbesuche durchführen zu können (33 Prozent), wird eine engmaschige, regelmäßige Betreuung der Familien als zentral angesehen (28 Prozent).
  • Dabei laut einem Viertel der Gesundheitsfachkräfte wichtig: Das Angebot entlastender Telefonate bzw. das Signalisieren von Gesprächsbereitschaft und Erreichbarkeit (25 Prozent).
  • Als konkrete Methoden zur Unterstützung für Familien schlagen die Befragten vor: Strategien und Tipps zur Entspannung, Entlastung und zur Schaffung von Freiräumen/Auszeiten zu geben (22 Prozent), Ideen zur Alltagsstrukturierung, Tages- und Wochenplanung (14 Prozent) sowie Motivation zur Bewegung drinnen und draußen (14 Prozent).
  • Strukturell betonen die Fachkräfte neben der Kooperation zwischen den verschiedenen Professionen (14 Prozent) insbesondere die Bereitstellung von Informations- bzw. Notfallnummern für die Familien sowie die Schaffung von (Not-) Betreuungsplätzen für die Kinder (jeweils 11 Prozent).

"Die Familien wissen lassen, wir lassen euch jetzt nicht alleine."

"Ich rate immer einen Spaziergang zu machen. Gemeinsam etwas Schönes für den Tag zu planen. Ich bin für diese Familien bis spät abends telefonisch erreichbar."

"Entlastung schaffen durch Notbetreuung der älteren Geschwisterkinder."

Wie geht es Gesundheitsfachkräften im Arbeitsalltag? Welche Auswirkungen haben die Einschränkungen während der Corona-Pandemie auf die berufliche Situation von Gesundheitsfachkräften in den Frühen Hilfen? Ergebnisse der NZFH-Befragung

mehr...