ZuFa-Monitoring Gynäkologie – Ergebnisse
Zentrale Ergebnisse der repräsentativen Befragung von niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen zur Versorgung von schwangeren Frauen in psychosozial belastenden Lebenslagen. Mit Zitaten aus vertiefenden Fokusgruppen.
Psychosoziale Belastungen, die Gynäkologinnen und Gynäkologen während der Schwangerschaftsvorsorge-Untersuchungen wahrgenommen haben:
- Bei knapp einem Fünftel (19,4 Prozent) der schwangeren Patientinnen nehmen Gynäkologinnen und Gynäkologen starke Erschöpfung wahr, bei ähnlich vielen (18 Prozent) Stress durch die Arbeit.
- Bei durchschnittlich 15,1 Prozent nennen die Befragten Anzeichen für einen niedrigen Bildungsstand der Schwangeren oder des Partners als wahrgenommene psychosoziale Belastung.
- Verständigungsschwierigkeiten aufgrund geringer Deutschkenntnisse werden bei durchschnittlich knapp 12 Prozent der Patientinnen und Partner wahrgenommen.
- Bei 13 Prozent der Patientinnen nehmen die Ärztinnen und Ärzte Anzeichen wahr, dass die schwangeren Frauen rauchen.
Anzeichen für Belastungen, die Gynäkologinnen und Gynäkologen während der Schwangerschaftsvorsorge-Untersuchung weniger gut feststellen können:
- Ein Viertel der Befragten (25,3 Prozent) gibt an, dass sie gewichtige Anhaltspunkte für eine nach der Geburt drohende Kindeswohlgefährdung nicht feststellen können.
- Ein Fünftel der Befragten (20,1 Prozent) gibt an, Anzeichen für soziale Isolation einer Familie während der Vorsorgeuntersuchung nicht erkennen zu können.
Bedarf an Frühen Hilfen
Bei wie vielen Schwangeren stellen Sie psychosoziale Belastungen fest, die bedeutsam für die gesunde weitere Entwicklung der Kinder sind?
- Bei 8 Prozent der betreuten schwangeren Patientinnen sehen die Gynäkologinnen und Gynäkologen eine gesunde Entwicklung der Kinder durch die familiären Belastungen gefährdet.
Früher Kontakt zu Schwangeren und Zeit für weitere Beratung
Zu welchem Zeitpunkt ist Ihnen die psychosoziale Belastung der Schwangeren zum ersten Mal aufgefallen?
- Die Belastungen fallen sehr früh auf: 42,5 Prozent geben an, dass ihnen die Belastung bereits vor der Schwangerschaft aufgefallen ist, die Hälfte der Befragten stellen belastende Anzeichen im ersten Schwangerschafts-Drittel fest.
Ergebnisse der Fokusgruppengespräche:
- Möglicherweise nehmen Schwangere mit größeren Belastungen aber das Angebot der Vorsorgeuntersuchung erst im späteren Schwangerschaftsverlauf wahr:
"Weil Viele, die eine Belastung haben, kommen dann vielleicht teilweise [...] die kommen dann in der 24. Woche erst. Da ist es dann schwieriger ..."
Große Herausforderung für Ärztinnen und Ärzte
Zu wenig Zeit – keine angemessene Vergütung – Probleme durch fehlende Deutschkenntnisse
82 Prozent der befragten Gynäkologinnen und Gynäkologen empfinden den Umgang mit psychosozial belasteten schwangeren Patientinnen und deren Partnern als Herausforderung.
Welche Gründe führen dazu, dass der Umgang mit psychosozial belasteten Schwangeren für Gynäkologinnen und Gynäkologen eine Herausforderung darstellt?
- Verständigungsschwierigkeiten aufgrund geringer Deutschkenntnisse nennen fast zwei Drittel (64,3 Prozent) aller befragten Ärztinnen und Ärzte als Grund für die Herausforderung der Versorgung.
- 53,4 Prozent nennen Zeitmangel während der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen als Grund, 53,1 Prozent die fehlende angemessene Vergütung.
Ähnliche Ergebnisse liefern die Fokusgruppen:
- "Wir kriegen eine Pauschale, ob ich die Frau zehn Mal sehe oder mir jedes Mal eine ganze Stunde Zeit nehme oder ob ich sie zwei Mal sehe. ..."
- "Da ist die Behandlung gar nicht mehr so möglich, weil sie uns nicht verstehen..."
Wahrnehmung und Dokumentation psychosozialer Belastungen
Wie nutzen Sie die Möglichkeit, psychosoziale Auffälligkeiten (z.B. besondere psychische oder soziale Belastungen) mit Hilfe des Mutterpasses zu dokumentieren?
- Die große Mehrheit der Befragten (82,9 Prozent) gibt an, dass sie die "Anamnese" im Mutterpass, bei der auch "besondere psychische und soziale Belastungen, Abusus" dokumentiert werden können, immer (65,5 Prozent) oder meist (17,4 Prozent) im persönlichen Gespräch mit der Patientin ausfüllen.
- Knapp 80 Prozent (79,3 Prozent) der Befragten geben an, im Mutterpass dokumentierte Anzeichen psychosozialer Belastungen immer (27 Prozent) oder oft (52,3 Prozent) als Anlass zu einem tiefergehenden Gespräch mit der Patientin zu nehmen.
Wie zufrieden sind Sie mit den Möglichkeiten, im Mutterpass psychosoziale Belastungen zu dokumentieren?
- Knapp die Hälfte (46,6 Prozent) der teilnehmenden Gynäkologinnen und Gynäkologen sieht die Möglichkeiten zur Dokumentation als ausreichend an.
- Über die Hälfte (55,2 Prozent) der Befragten sehen in der Dokumentation psychosozialer Belastungen die Gefahr einer Stigmatisierung der betreffenden Frauen.
- 17,3 Prozent der Gynäkologinnen und Gynäkologen nutzen neben dem Mutterpass andere Einschätzungsbögen, um psychosoziale Belastungen zu dokumentieren.
Gynäkologinnen und Gynäkologen als Netzwerkpartner in den Frühen Hilfen
Sind Ihnen konkrete Angebote Früher Hilfen bekannt?
- Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) der befragten Gynäkologinnen und Gynäkologen kennen konkrete Angebote der Frühen Hilfen:
- Das bekannteste Angebot sind Familienhebammen, das von gut einem Viertel (27 Prozent) derer genannt wird, die angeben, Frühe Hilfen zu kennen.
- Zwei Drittel (67 Prozent) kennen ein lokales Netzwerk Frühe Hilfen.
Nehmen Sie an Treffen des lokalen Netzwerkes Frühe Hilfen teil?
- 13,9 Prozent der befragten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nehmen an Treffen des lokalen Netzwerkes Frühe Hilfen teil.
- Ähnlich viele (14,5 Prozent) haben schon mal an einem interdisziplinären Qualitätszirkel zur Versorgung von psychosozial belasteten Familien teilgenommen.
- Ein Viertel der Befragten gibt an, schon einmal eine Fortbildung zum Thema "Frühe Hilfen" besucht zu haben.
Einstellung zu Frühen Hilfen
Frühe Hilfen entlasten mich
- 59 Prozent der niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen sehen in Frühen Hilfen eine Entlastung ihrer Tätigkeit.
Vermittlung von psychosozial belasteten Familien in Angebote Früher Hilfen
Wie viele Familien haben Sie in Frühe Hilfen vermittelt?
- Über die Hälfte (56,7 Prozent) aller befragten Gynäkologinnen und Gynäkologen gibt an, 2017 mindestens eine schwangere Patientin in das lokale Netzwerk Frühe Hilfen oder ein konkretes Angebot vermittelt zu haben.
- Der Anteil steigt auf 76,2 Prozent, wenn man nur die Antworten derjenigen Ärztinnen und Ärzte betrachtet, die angeben, konkrete Angebote Früher Hilfen, ein Netzwerk Frühe Hilfen oder ähnliche Angebote zu kennen.
Weitere Informationen auf fruehehilfen.de
Publikationen zum ZuFa-Monitoring
Veröffentlichungen des NZFH, Artikel in Fach-Zeitschriften sowie Vorträge