Frühe Hilfen – Ein Überblick
Was sind Frühe Hilfen? Wie sind Frühe Hilfen organisiert und wie arbeiten sie? Was bieten sie Familien und Kommunen?
Ein vierseitiges Infopapier gibt Antworten, fasst zentrale Aspekte über Frühe Hilfen zusammen und informiert über Möglichkeiten und Chancen der Angebote.
Die Publikation steht als interaktive PDF-Datei zur Verfügung und kann für die kommunale und regionale Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden.
In der PDF-Datei sind einzelne Begriffe und Sätze mit Links zu weitergehenden Informationen auf fruehehilfen.de verknüpft.
Um über Frühe Hilfen zu informieren, können Sie die Datei hier auch direkt per E-Mail weiterleiten.
Lesen Sie hier die Inhalte der Publikation:
Was sind Frühe Hilfen?
Die Frühen Hilfen unterstützen Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahre. Die Fachkräfte der Frühen Hilfen beraten und begleiten Eltern, um ihre Beziehungs- und Versorgungskompetenz zu stärken. Ziel ist, jedem Kind eine gesunde Entwicklung und ein gewaltfreies Aufwachsen zu ermöglichen.
Die vielfältigen Angebote sind niedrigschwellig, diskriminierungsfrei und richten sich insbesondere an Familien in belasteten Lebenslagen. Hierzu gehören zum Beispiel Familien mit hohem Armutsrisiko, Eltern mit psychischen Erkrankungen, mit Migrations- oder Fluchtgeschichte oder Familien insgesamt mit Mehrfach- und hohen Stressbelastungen.
Frühe Hilfen sind flächendeckend etabliert und leisten einen wichtigen Beitrag zur Familienfreundlichkeit von Kommunen. Die Angebote der Frühen Hilfen kommen aus unterschiedlichen Bereichen wie der Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen, der Frühförderung und der Schwangerschaftsberatung.
Die verschiedenen Fachkräfte arbeiten eng zusammen. Sie sind in lokalen Netzwerken organisiert und stimmen sich fachlich ab.
Wie sind Frühe Hilfen organisiert?
An Frühen Hilfen sind alle föderalen Ebenen beteiligt: Der Bund stellt durch die Bundesstiftung Frühe Hilfen des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) die Netzwerke und die psychosoziale Unterstützung von Familien sicher (§ 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz, KKG).
Er arbeitet eng mit den Bundesländern zusammen und gewährleistet – durch Qualitätsentwicklung und Begleitforschung – überall vergleichbare Standards. Die Bundesländer unterstützen die Kommunen bei der Umsetzung. Die Kommunen wiederum stellen ihre Infrastruktur zur Verfügung. Auf dieser Grundlage arbeiten die Fachkräfte der Frühen Hilfen in kommunalen Netzwerken zusammen. So können die Familien ihre Angebote optimal nutzen. Ein Beirat unterstützt die Bundesstiftung und das Nationale Zentrum Frühe Hilfen fachlich. In diesem sind alle wichtigen Akteurinnen und Akteure vertreten.
Was bieten Frühe Hilfen an?
Die ersten Jahre eines Menschen prägen das gesamte weitere Leben entscheidend: Zahlreiche Studien haben dies eindrücklich nachgewiesen. Je früher möglichen Problemen vorgebeugt wird, desto größer ist die Chance, dass sich Kinder gesund entwickeln. Deshalb lohnt sich jede Investition in die Förderung von Familien – von Anfang an.
Diskriminierungsfrei
Viele Familien in prekären Situationen erleben Diskriminierung und Benachteiligung. Deshalb stehen sie Unterstützungsangeboten mitunter skeptisch gegenüber. Die Akzeptanz von Hilfsangeboten ist aber eine absolut notwendige Voraussetzung für ihre Wirksamkeit. Deshalb legen Frühe Hilfen bei der Unterstützung von Familien größten Wert auf eine diskriminierungsfreie, wertschätzende und partizipative Haltung.
Für vielfach belastete Familien
Studien zu Frühen Hilfen zeigen, dass in Familien häufig mehrere Belastungsfaktoren – wie z. B. Armut und psychische Erkrankungen – zusammenkommen und dazu führen, dass Eltern an ihre Grenzen geraten. Gemeinsam mit den Familien wird daher genau geprüft, welche Bedarfe bestehen.
Bedarfsgerecht in unterschiedlichen Situationen
Familiäre Belastungen werden gemeinsam mit den Eltern erhoben, um gezielt wirksame, passgenaue Unterstützungsangebote zu erstellen. Diese reichen von niedrigschwelligen Zugängen und Lotsendiensten über alltagspraktische Unterstützung und aufsuchende Begleitung durch eine Frühe-Hilfen-Fachkraft bis hin zu intensiveren Programmen über längere Zeiträume hinweg.
Beispiele konkreter Angebote
- Lotsendienste an Geburtskliniken für Wöchnerinnen
- Begleitung und Anleitung durch Gesundheitsfachkräfte wie Familienhebammen und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegende zur Sensibilisierung der Eltern für die Bedürfnisse ihres Kindes
- Unterstützung von Familien durch ehrenamtliche Patinnen und Paten bei der Alltags bewältigung
- Einsatz spezifischer Programme zur Förderung der Eltern-Kind-Bindung und Eltern-Kind-Interaktion (z. B. EPB, STEEP oder Marte-Meo-Methoden)
- Kooperation mit den örtlichen Angeboten des Gesundheitswesens und der Kinder- und Jugendhilfe für (werdende) Familien
Wie genau arbeiten Frühe Hilfen?
Frühe Hilfen arbeiten präventiv. Ihre Angebote beginnen bereits ab der Schwangerschaft und richten sich an Familien mit kleinen Kindern. Frühe Hilfen reagieren flexibel auf die Bedarfe der Familien. Sie sind nachweislich effektiv, bündeln die Vorteile aller Angebote in Kommunen und Regionen – und sie finden vor Ort in der Lebenswelt der Familien statt. So kommt Hilfe dort an, wo sie gebraucht wird.
Das Präventionsdilemma überwinden
Im Gesundheitswesen können Eltern durch Arztpraxen oder Lotsendienste in Geburtskliniken angesprochen und auf die Unterstützungsangebote in Kommunen aufmerksam gemacht werden. Auf Wunsch der Eltern wird dann ein Hilfsangebot vermittelt. Die Familien haben unterschiedliche Bedarfe. Was sie aber eint, ist, dass sie nur über geringe Ressourcen verfügen und Hilfsangebote für sie häufig schwer erreichbar sind. Deshalb haben sich Frühe Hilfen die Überwindung des Präventionsdilemmas – d. h. des Umstands, dass diejenigen, die Unterstützung am nötigsten haben, aus unterschiedlichen Gründen weniger gut in die Angebote finden – als Ziel gesetzt.
Niedrigschwellige Zugänge vermitteln
Frühe Hilfen vermitteln Familien auf wertschätzende Weise Zugänge zu Hilfsangeboten. Die Erfahrung zeigt, dass niedrigschwellige Angebote, z. B. von Familienhebammen und Kinderkrankenpflegenden, aber auch ehrenamtliche Familienpatenschaften, von den Familien positiv angenommen werden. Sie genießen ihr Vertrauen – eine wichtige Voraussetzung, damit Unterstützung wirklich ankommt.
Welches Potenzial haben Frühe Hilfen für Kommunen?
Die Angebote der Frühen Hilfen haben hohe Akzeptanz unter Eltern und wirken nachhaltig. Damit leisten sie einen effektiven Beitrag zur Chancengerechtigkeit auf kommunaler Ebene.
Begrenzte Mittel effizient nutzen
Vor allem wenn die Gelder knapp sind, ist ein schlüssiges Konzept vonnöten, um die begrenzten Mittel gezielt und wirksam einzusetzen. Frühe Hilfen nutzen das existierende Unterstützungs- und Versorgungsangebot und vernetzen es auf effiziente Weise über alle föderalen Ebenen hinweg. Ergeben sich Lücken im System, werden diese möglichst zeitnah geschlossen. Frühe Hilfen sind ein guter Ausgangspunkt für kommunale Unterstützungs- und Präventionsstrategien. Auf diese Weise können Kommunen Familien in der besonders sensiblen Phase rund um die Geburt und in der Anfangszeit mit dem Kind unterstützen – und investieren damit nebenbei in die eigene Zukunft.
Wohin geht die Entwicklung?
Zahlreiche Indikatoren weisen darauf hin, dass die Zahl von Familien steigt, die Unterstützung benötigen. Damit geht auch ein deutlich erhöhter Bedarf an Frühen Hilfen einher. Dies lässt sich beispielsweise ablesen an den steigenden Geburtenraten, dem steigenden Anteil von Familien im SGB-II-Bezug und vermehrt auftretenden psychosozialen Belastungen der Eltern. Auch die Versorgung von ressourcen armen Familien in strukturschwachen Regionen wird in Zukunft eine noch größere Heraus forderung sein. In dieser Hinsicht hat die Viruspandemie zu einer weiteren Verschärfung geführt.
Wichtiger denn je
Während der Corona-Pandemie war die Netzwerkarbeit der Frühen Hilfen wichtiger denn je. Frühe Hilfen konnten ihre bewährten weitreichenden Strukturen nutzen und diese rasch den sich verändernden Bedingungen anpassen. Deshalb wurde die Bundesstiftung Frühe Hilfen im Aktionsprogramm »Aufholen nach Corona« für Familien berücksichtigt und bis Ende 2022 mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet. Auch nach der Pandemie und zur Bewältigung aktueller Krisen sind die Frühen Hilfen wichtiger denn je, da insbesondere Familien in Problemlagen von den Folgen nachhaltig betroffen sind.
Nachhaltig gestalten
Umso wichtiger ist es, dass die in der Krise erfolgreich erprobten nachhaltigen Strategien zur Betreuung von Familien nach der Pandemie weiter ausgebaut werden und nachhaltig erhalten bleiben. Besonders die digitale Kommunikation bietet hierfür Potenziale, die noch längst nicht ausgeschöpft sind.