Psychosoziale Belastungen und Hilfen: Vorträge
Welche Auswirkungen haben Fluchterfahrungen auf die Entwicklung von Kindern? Wie können nachhaltige Hilfen für Kinder und ihre Familien aussehen und wie gelingt die Unterstützung? Auf diese und ähnliche Fragen gehen Expertinnen und Experten in Vorträgen und Fachgesprächen ein, berichten über Erkenntnisse aus der Forschung und geben Handlungsempfehlungen. Zudem schildern Fachkräfte in Interviews Erfahrungen aus der Praxis und geben Akteuren praktische Anregungen.
Die Vorträge, Fachgespräche und Interviews sind im Rahmen des Kooperationsprojektes Digitale Sprechstunden zwischen September 2022 und März 2023 entstanden.
Zu Auswirkungen von Kriegs- und Fluchterfahrungen, psychosozialen Belastungen und Hilfen gibt es ergänzend auch Empfehlungen und Antworten auf häufige Fragen sowie Materialien für Fachkräfte, die mit geflüchteten Familien arbeiten.
Per Klick auf Bilder oder Titel gelangen Sie zur jeweiligen Unterseite mit der Aufzeichnung und gegebenenfalls zu weiteren Unterlagen.
Gestufte Versorgungsmodelle in der Versorgung von Minderjährigen mit Fluchterfahrung und deren Familien
Dr. Thorsten Sukale, Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter der Universitätsmedizin Rostock, geht zunächst auf die psychosoziale Situation von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrungen ein, um dann Interventionsansätze in Form eines gestuften Versorgungsmodelles zu beschreiben. Diese haben zum Ziel, Betroffenen eine den individuellen Bedürfnissen entsprechende Intervention anzubieten.
"Wie kann ich mit Stress umgehen?" Stressresilienz und Emotionsregulation am Beispiel von START & START-Kids
Andrea Dixius, leitende Psychologin der SHG-Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Saarbrücken, Kleinblittersdorf und Isar-Oberstein, stellt Kernelemente des Programms START (Stress-Traumasymptoms-Arousal-Regulation-Treatment) vor, ein Konzept zur Erststabilisierung für stark belastete Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Zusammen mit ihrer Kollegin Prof. Dr. Eva Möhler hat sie das Programm entwickelt und an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Im Fokus steht die Frage: Wie kann Minderjährigen mit Fluchterfahrung und deren Bezugspersonen dabei geholfen werden, posttraumatisches Stresserleben zu verarbeiten?
Traumafokussierte Therapie bei Minderjährigen mit Fluchterfahrung und deren Familien
Dr. Thorsten Sukale, Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter der Universitätsmedizin Rostock, skizziert zunächst grundsätzliche Aspekte in der traumafokussierten Arbeit, um darauf aufbauend auf "Emotionen" und "Umgang mit Gefühlen in der Therapie" einzugehen.
Resilienz und Akkulturation
Dr. Donya Gilan, Leiterin des Bereichs "Resilienz & Gesellschaft" am Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR) und psychologische Leiterin der transkulturellen Ambulanz der Uni-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Mainz. Sie informiert über Grundlagen von Migration, Flucht und Akkulturation, damit verbundene psychische Belastungen und Stressoren, aber auch gesundheits- und resilienz-fördernde sowie strukturelle Faktoren im Kontext mit Migration und Akkulturation.
Traumatische Ereignisse – und warum nicht alle Kinder psychische Folgestörungen entwickeln
Prof. Dr. Renate Schepker, Chefärztin der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie Weissenau, Ravensburg, stellt wesentliche Aspekte und Faktoren zum Auftreten psychischer Folgen von Traumatisierungen vor und erläutert die zentrale Bedeutung von Resilienzfaktoren als Schutz vor psychischen Folgestörungen. Sie schildert dazu Erfahrungen aus der ambulanten Praxis und nennt konkrete Möglichkeiten, um geflüchtete Kinder wirksam zu unterstützen.
To mind is to care: Traumatisierte Eltern in ihrer Mentalisierungsfähigkeit stärken
Dr. phil. Maria Teresa Diez Grieser, Leiterin des Kinder- und Jugendbereichs am Schweizer Institut für Psychotraumatologie, Winterthur, stellt zentrale Aspekte des Mentalisierens und den Einfluss von Traumatisierungen auf die Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit vor. Zudem erläutert sie die Bedeutung dieser Kompetenz in der Arbeit mit traumatisierten Familien.
Mentalisierungsfördernde Interventionen als Basis für Veränderungsprozesse
Dr. Maria Teresa Diez Grieser, Leiterin des Kinder- und Jugendbereichs am Schweizer Institut für Psychotraumatologie, Winterthur, stellt Auswirkungen von Traumatisierungen auf die Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit von Kindern vor. Zudem erläutert sie konkrete Interventionsmöglichkeiten und blickt dabei auch auf die Affekt- und Aufmerksamkeitsregulation.
Niederschwellige psychosoziale Beratung per Chat: krisenchat
Anke Sander, Mitarbeiterin im psychologischen Leitungsteam von krisenchat Deutschland und krisenchat Ukrainian, stellt im Gespräch mit Dr. Thorsten Sukale das Beratungsangebot von krisenchat Deutschland vor sowie das spezielle Angebot für ukrainische Geflüchtete.
Sie beantwortet Fragen zur Erreichbarkeit der Zielgruppe, zu häufigen Beratungsthemen sowie speziellen Herausforderungen und Problematiken auch mit Blick auf die Frühen Hilfen.
Trauma, PTSD und körperliche Erkrankungen
Prof. Dr. Carsten Spitzer, Leiter der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Rostock, blickt auf Auswirkungen frühkindlicher Traumatisierungen auf die psychische und insbesondere körperliche Gesundheit im Erwachsenenalter. Dazu stellt er Befunde unterschiedlicher Studien zu Folgen auf die psychische und neurobiologische Entwicklung sowie das Gesundheitsverhalten vor. Beispielhaft greift er Auswirkungen von Stress, traumatischen Erlebnissen sowie posttraumatischen Belastungen auf die Entwicklung von Arteriosklerose und anderen koronaren Herzerkrankungen und das Immunsystem vor und formuliert abschließend Empfehlungen für die Praxis.
Die Auswirkungen von Krieg und Vertreibung auf die psychische Gesundheit von Kindern - wie können und sollten nachhaltige Hilfen aussehen?
Dr. David Bürgin, Klinik für Kinder und Jugendliche, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel (UPKKJ), gibt einen Überblick über direkte und indirekte Auswirkungen des Krieges auf die psychische Gesundheit von Kindern. Davon abgeleitet stellt er mehrstufige, bedürfnisorientierte und trauma-informierte Ansätze zur Wiedererlangung und Aufrechterhaltung von äußerer und innerer Sicherheit während und nach der Flucht vor.
Trauer und Verlust
Dr. Veronica Kirsch, Diplom-Psychologin und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin, stellt verschiedene Formen und Ausprägungen von Trauer-Reaktionen vor sowie die daraus folgenden unterschiedlichen Unterstützungsbedarfe. Zudem erläutert sie zentrale Unterschiede in der therapeutischen Behandlung.
Lebensweltorientierte Arbeit im offenen Bereich – niedrigschwellige Unterstützung für Frauen und Kinder aus der Ukraine
Maria Hoyer, Sozialpädagogin im Frauenkommunikationszentrum (FFZ) des SOS-Kinderdorfes Thüringen in Gera, ist im FFZ unter anderem für die Hilfe von ukrainischen Geflüchteten und die Ehrenamtskoordination zuständig.
Sie stellt Angebote des FFZ für Mütter, Kinder und Väter vor, die aus der Ukraine geflüchtet sind, zum Beispiel Eltern-Kind-Angebote, Unterstützung beim Deutsch-Lernen oder Kennenlernen von Unterstützungsangeboten aus dem Gesundheitsbereich. Alle Angebote finden im offenen Bereich des SOS-Kinderdorfes statt.
Interdisziplinäre Versorgung von Kindern mit Fluchterfahrung mit psychoedukativer Elterngruppe
Dr. Andrea Hahnefeld, stellt als Leiterin ein vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds gefördertes Projekt zur Versorgung von Kindern mit Fluchterfahrungen vor. Sie geht ausführlich auf den Projektteil der niedrigschwelligen Unterstützung von Eltern ein und stellt dazu Ablauf und typische Inhalte der psychoedukativen Elterngruppe vor.
Interdisziplinäre Sprechstunde für Kinder mit Fluchterfahrungen
Dr. Thorsten Sukale im Gespräch mit
- Andrea Hahnefeld, Psychologin und Leiterin des EU-geförderten Projektes der Interdisziplinären Traumasprechstunde (IKTS) für Kinder aus Familien mit Fluchthintergrund
- Elina Weigand, Kinder- und Jugend-Psychotherapeutin, TU München, seit 2016 in dem Projekt IKTS tätig
- Dr. Matthias Klosinski, Psychologe, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Systemischer Berater und Systemischer Therapeut, TU München
- Dr. Katharina Münch, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, SPZ kbo-Kinderzentrum München
- Jana Rose Uppendahl, Psychologin, TU München
- Verena Dudek, Psychologin, TU München
- Katharina Bernhard, Psychologin, TU München
Die Gesprächspartnerinnen und -partner stellen Ziele und Merkmale der interdisziplinären Traumasprechstunde vor, berichten über typische Behandlungsabläufe und die Arbeit mit Kindern sowie ihren Eltern.
Die psychotherapeutische Versorgungssituation in der Ukraine
Dr. Elisa Pfeiffer, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und leitende Psychologin am Universitätsklinikum Ulm, berichtet insbesondere von dem internationalen Projekt TF-CBT Ukraine. Ziel des Projektes ist es, ukrainische Therapeuten in traumafokussierter Verhaltenstherapie auszubilden und zu begleiten, um die psychotherapeutische Versorgung von Kindern in der Ukraine und ihre psychische Gesundheit zu verbessern.
Diskriminierungserfahrungen von Geflüchteten im Kinder- und Jugendlichenalter
Prof. Dr. Yesim Erim, Leiterin der Psychosomatischen und Psychotherapeutischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen, stellt nach einer thematischen Einführung Studien-Ergebnisse über Diskriminierungserfahrungen unter anderem aus Fokusgruppen mit 18- bis 21-Jährigen vor. Dabei geht sie auf Formen und Orte/Bereiche von Diskriminierung ein, auf Reaktionen der betroffenen Personen und vermutete Gründe.
Ausführliche Informationen zu der von der Expertin, Prof. Dr. Yesim Erim, vorgestellten Studie wurden am 21. September 2022 im European Child & Adolescent Psychiatry veröffentlicht.
Beziehungsbezogene Traumata / Belastungen im Kontext von Krieg und Flucht
Dr. Ina Bovenschen, Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie Erlangen und wissenschaftliche Referentin am Deutschen Jugendinstitut e.V., erläutert die Bedeutung von Bindungspersonen für Kinder, geht auf Herausforderungen in der Arbeit mit geflüchteten Kindern und gibt Hinweis für die Praxis, wenn Bindungspersonen, z.B. wegen eigener traumatischer Erlebnisse oder Tod, nicht als stabile Bindungspersonen präsent sind.
Im zweiten Teil ihres Vortrags (etwa ab Minute 27:14) geht sie vertiefend auf beziehungsbezogene Belastungen bei Heim- und Pflegekindern ein.
Ressourcen und Entwicklungsdiagnostik bei Familien mit Fluchterfahrungen durch psychosoziale Fachkräfte
Professor Dr. Marc Schmid, Leitender Psychologe Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, trägt zentrale Aspekte zur Bedeutung von Beziehungserfahrungen und psychischen Belastungen von Eltern vor und erläutert die Auswirkungen auf die Elternschaft. Neben speziellen diagnostischen Methoden geht er auch auf mögliche Belastungen von Personen ein, die geflüchteten Kindern helfen und gibt Hinweise zur Organisation von Elternarbeit.
Flucht und Autismus
Dr. Thorsten Sukale im Gespräch mit Mitarbeiterinnen aus dem Autismus-Zentrum Hannover
- Anke Slebos, Ambulante Autismusförderung und Leitung Fortbildungen
- Nikole Röhrs, Psychologischer Fachdienst
- Birte Müller, Ambulante Autismusförderung und Projektleitung Elterncafé Curcuma
Die Gesprächspartnerinnen stellen besondere Anforderungen und praktische Tipps im Umgang mit geflüchteten Familien vor, die von Autismus betroffen sind. Unter anderem gehen sie dabei auf Idee und Erfahrungen aus dem Elterncafé Curcuma ein. Videobeträge von Müttern aus der Beratungspraxis veranschaulichen die Ausführungen der Expertinnen.