Themenforum III: Partizipation als Querschnittsthema
Prof. Dr. Kathrin Aghamiri (FH Münster)
"Das Thema Partizipation ist nie fertig, es muss Teil einer lebendigen Praxis werden!"
Getreu ihrem Credo "Das Thema Partizipation ist nie fertig!" plädierte Kathrin Aghamiri von der FH Münster wie schon bei der Auftaktkonferenz dafür, Teilhabe (Partizipation) als Querschnittsthema zu betrachten und es auf allen Handlungsebenen zum Leitprinzip zu machen.
Letztlich gehe es bei Partizipation darum, Interessen zu vermitteln und auszuhandeln sowie gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden. Einbezogen in diesen dialogischen Aushandlungsprozess seien nicht nur Eltern, sondern auch kommunale Akteure, freie sowie öffentliche Träger und Leitungskräfte. Aghamiri hält Partizipation "für einen Schlüssel, um Identitätsentwicklung voranzubringen."
Fragen aus dem Plenum:
Wie lässt sich der meist unkonkret verwendete Begriff Partizipation auf das Konkrete herunterbrechen?
Kathrin Aghamiri schlug vor, Fragen zu formulieren, mit denen die Netzwerke Frühe Hilfen arbeiten können, zum Beispiel: "Wie sollen Hausbesuche stattfinden?" "Wie sollen Angebote für junge Familien gestaltet werden?" Ihr Rat: "Brechen Sie das große ´Prinzip` herunter auf kleine konkrete Schritte."
Wo soll man Partizipation im Netzwerk diskutieren?
Auf verschiedenen Ebenen und alle gleichzeitig, also etwa: Bei den Trägern der Frühen Hilfen, in den Teams, bei den Angebotsplanungen, auf den Netzwerktreffen etc. "Machen Sie Partizipation zu einem Dauerthema!" Um Partizipation als Querschnittsthema praktisch wirksam zu machen, hat Kathrin Aghamiri Materialien entwickelt, die dabei unterstützen können, das Thema in eine lebendige, individuelle Praxis an den verschiedenen Standorten zu übertragen.
Wie lässt sich der Prozess einteilen?
Partizipation braucht bei jedem neuen Thema, bei jedem neuen Aushandlungsprozess immer wieder den Dialog. Dazu benötigt man einen strukturellen Rahmen, der klärt: Wer trifft Entscheidungen? Es sei nicht nötig, dass alle Entscheidungen immer von allen getroffen würden, aber es müsse klar sein, wie entschieden werde. Für eine erlässliche Selbst- und Mitbestimmung sei dies unerlässlich. Damit sollte man auch anfangen: "Wer trifft wo Entscheidungen und wie wollen wir künftig damit umgehen?"
Wie sind Eltern direkt einzubinden und zu überzeugen mitzumachen?
Kathrin Aghamiri wies darauf hin, dass Menschen durch Erfahrung lernen – und zwar in der praktischen Arbeit mit den Fachkräften. Erleben Eltern einen Begleitprozess, der ihnen zeige, dass man sich wirklich für sie und ihr Anliegen, ihre Nöte und Sorgen interessiere und nicht irgendwelche geheimen Erziehungsziele verfolge, dann könnten sie sich öffnen und beteiligen. Wichtig sei es als Fachkraft, mit Eltern "unendlich geduldig zu sein und sie immer und immer wieder einzuladen und dazu auch mal "kreative Sachen auszudenken". Vor allem anderen aber sei es wichtig, offen zu sein. "Menschen, die sich in Dilemmata-Situationen bewegen, haben ein gutes Gespür dafür, wo sie sich gut öffnen können und wo sie besser unter dem Deckel bleiben." Zentral sei auch, dass man als Fachkraft immer klarmache, warum man hier sei und welche Rolle man in dem Prozess einnehme.
Ist Partizipation von Familien auch auf struktureller Ebene möglich, etwa bei der Entscheidung über Verwendung von Finanzmitteln für Frühe Hilfen?
Kathrin Aghamiris spontane Antwort: "Elternvertreterinnen und -vertreter, die in den entsprechenden politischen Ausschüssen sitzen – wieso nicht?! Geht alles! Es gibt keine Grenzen der Partizipation. Letztendlich ist auch das die Herstellung von Demokratie in kommunalen Angeboten!" "Total spannend" fand Kathrin Aghamiri auch, Eltern in die Entwicklung von Angeboten der Frühen Hilfen einzubinden, sie also beispielsweise zu Workshops einzuladen, wo ihre Erfahrungen gefragt und ihr Anliegen eingeholt werden könne, um daraus dann gemeinsam Ideen für Angebote zu entwickeln.