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Schwangerschaftsberatung: vielseitig und besonders früh

Finanzielle und rechtliche Fragen, persönliche Konflikte und emotionale Belastungen sind die häufigsten Themen, die Frauen mitbringen, wenn sie eine der über 1600 Schwangerschaftsberatungsstellen in Deutschland aufsuchen. Entsprechend umfangreich ist das Aufgabenspektrum der Schwangerschaftsberatung. Die Beraterinnen und Berater bieten individuelle, niedrigschwellige und umfassende Unterstützung für die schwangere Frau und ihren Partner. Nur über Schwangerschaftsberatungsstellen können beispielsweise Mittel der Bundesstiftung "Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens" für Mütter in finanziellen Notlagen beantragt werden.¹

Schwangerschaftsberaterinnen und -berater vermitteln ressourcenorientierte Hilfe in den Umbruchphasen von Schwangerschaft und Geburt. Schwangerschaftsberatung wird freiwillig und selbstbestimmt in Anspruch genommen. Sie ist präventiv wirksam, bedarfsgenau und auf Wunsch auch anonym.

Beraterinnen und Berater haben Fachkompetenzen in psychosozialen, sozialrechtlichen und gesundheitlichen Fragen und die Sensibilität, um Problemlagen schon sehr früh zu erkennen. Damit sind sie besonders prädestiniert für die Arbeit im Rahmen der Frühen Hilfen. Nach dem Bundeskinderschutzgesetz (§ 3, Abs. 2 KKG) sind Beratungsstellen nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes in die Netzwerke Frühe Hilfen einzubinden. Im Rahmen der Novellierung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes durch das BKiSchG müssen Schwangerschaftsberatungsstellen im Gegenzug ebenfalls gesetzlich in den Netzwerken Frühe Hilfen "zur Information über die Leistungsangebote (…) und zur Sicherstellung einer umfassenden Beratung" mitwirken.

Schwangerschaftsberatungsstellen erfahren bei den für die Netzwerke Frühe Hilfen Verantwortlichen in den Kommunen eine sehr hohe Wertschätzung. Dies zeigt sich auch in der nahezu flächendeckenden Einbindung dieser Akteure in die fallübergreifende Netzwerkarbeit. Sie sind in 91,7 Prozent der Kommunen vertreten. Dies ist der höchste Wert von allen 41 Akteuren. Bei der Beurteilung der Kooperationsqualität liegen sie mit einem Mittelwert von 1,6 mit an der Spitze aller Akteure in den Kommunen. Dieser Wert ist zwischen 2013 und 2015 leicht gestiegen².

Die aktuelle Studie KiD 0-3 des NZFH belegt deutlich, wie wichtig die Schwangerschaftsberatung als Zugangsweg in die Frühen Hilfen gerade für Familien mit besonderen Belastungen ist. So nutzen besonders häufig Familien, die von Armut bedroht sind und Familien mit geringerem Bildungsgrad dieses Angebot (siehe Grafik). Einfühlung, Unterstützung und Stärkung sind bei der Arbeit mit diesen Ratsuchenden besonders wichtig: "Gefragt ist eine ressourcenorientierte Beratungshaltung, die entlastet statt (über-)fordert und die Selbstwirksamkeit der Mutter bzw. der Eltern fördert" (NZFH 2014, Materialien zu Frühen Hilfen 7, Handreichung Schwangerschaftsberatungsstellen in Netzwerken Frühe Hilfen; zu beziehen über: BZgA, 50825 Köln, bestellung(at)bzga.de, Bestellnummer 16000158). Kernauftrag der Netzwerke Frühe Hilfen ist, Familien besonders frühzeitig zu unterstützen und ihnen Wege in das Hilfesystem zu bahnen. Schwangerschaftsberaterinnen und -berater, denen sich Schwangere in hohem Maß anvertrauen, leisten hier einen wertvollen Beitrag.

¹Im Durchschnitt unterstützt die Bundesstiftung annähernd 137.000 Frauen pro Jahr – etwas mehr als jede fünfte Schwangere, Stand 2015
²Quelle: Kommunalbefragung des NZFH im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der BIFH

Schwangerschaftsberatungsstellen in Deutschland:

Der Beratungsstellenfinder auf der Website www.familienplanung.de der BZgA umfasst mit mehr als 1600 Einträgen fast alle staatlich anerkannten deutschen Schwangerschaftsberatungsstellen. So können Frauen gezielt nach Angeboten in ihrer Nähe suchen.


Kollegiales Lernen in Netzwerken Frühe Hilfen

Die Mitarbeit von Schwangerschaftsberatungsstellen in lokalen Netzwerken Frühe Hilfen hat den Blickwinkel der Fachkräfte erweitert und sie für gelingende Vernetzung geschult. Dies setzt allerdings voraus, dass Netzwerke gut strukturiert arbeiten und Angebote auch im ländlichen Raum vorhanden sind. Die beständige Entwicklung der interdisziplinären Kooperation von Fachkräften ist eine Qualifizierung durch die Praxis, ein kollegiales Lernen von- und miteinander.

Ich sehe darüber hinaus ein großes Interesse der Beratenden, sich vertieft mit neuen Fragen auseinanderzusetzen. Fachliche Weiterbildungen, die sich typischerweise mit den Frühen Hilfen entwickelt haben, betreffen vor allem die Themen psychische Belastungen, Erkrankungen von Müttern sowie bindungsorientierte Angebote. Diese Angebote beleuchten die Interaktion zwischen dem Säugling und seinen Bezugspersonen und fördern den Aufbau einer sicheren Bindung des Kindes. Nicht immer können sie in unseren Beratungsstellen in vollem Umfang durchgeführt werden. Die fortgebildeten Beraterinnen und Berater profitieren aber in jedem einzelnen Beratungsgespräch von dieser Weiterbildung und eigenen Sensibilisierung.


Infodienst Bundesinitiative Frühe Hilfen aktuell