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IQZ sind eine Verantwortungsgemeinschaft für Prävention

Prof. Dr. Marcus Siebolds versteht die Überleitung in die Frühen Hilfen als pädiatrische Kernkompetenz. Der wissenschaftliche Leiter des Projekts "Interprofessionelle Qualitätszirkel in den Frühen Hilfen" wurde für die im Juni 2020 veröffentlichte Ausgabe des Infodienstes FRÜHE HILFEN interviewt.

Herr Professor Siebolds, was ist die Idee der Interprofessionellen Qualitätszirkel (IQZ)?

Prof. Dr. Marcus Siebolds: Die Idee ist eine Plattform zu schaffen, auf der sich niedergelassene Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte mit der Kinder- und Jugendhilfe im Kontext der Frühe Hilfen austauschen können. Durch die gemeinsame, vernetzte Arbeit bildet sich eine Verantwortungsgemeinschaft im Sinne der Frühen Hilfen.

Welche Voraussetzungen brauchen IQZ für ein gutes Gelingen?

S: Eine möglichst ausgewogene Teilnahme von Akteuren beider Systeme. Wichtig ist auch Vertrautheit auf einer professionellen, kollegialen Ebene und dass die personelle Kontinuität gewährleistet wird.

Welche Barrieren sehen Sie für eine Teilnahme?

S: Eine Kooperation über Systeme hinweg ist niemals einfach. Verschiedene Denkweisen, Arbeitsorganisationen, Finanzierungsmodelle und sozialrechtliche Vorgaben sind Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. Bei den Kinderärztinnen und -ärzten sehe ich eine Überlastung durch zunehmende Patientenzahlen und das Problem des fehlenden Nachwuchses. Gleichzeitig ist die Geburtenzahl in den letzten Jahren gewachsen. Der zweite wichtige Punkt ist die immer noch fehlende Bezahlung der pädiatrischen Überleitungsleistungen zwischen den Hilfesystemen des SGB V und des SGB VIII sowie den Frühen Hilfen. Schätzungsweise 10 bis 12 Prozent der Familien gelten in Deutschland als belastet. Bei der Beratung während der klassischen U-Untersuchungen kommen Ärztinnen und Ärzte sowohl mit der Zeit als auch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten an Grenzen. Sie brauchen im Bereich der präventiven pädiatrischen Versorgung in den Frühen Hilfen sehr spezifische familiendiagnostische und beraterische Kompetenzen, die wir in den Zirkeln vermitteln. Hier finden sie in den Mitarbeitenden aus der Kinder- und Jugendhilfe in diesen Bereichen sehr kompetente und erfahrene Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie gemeinsam diese Fähigkeiten weiterentwickeln können. Ich sehe auch eine enorme Arbeitsbelastung in den Kinder- und Jugendämtern. Hier gibt es eine große Fluktuation der Mitarbeitenden. Dann haben wir das Problem, dass wir häufig neue Ansprechpartnerinnen und -partner haben, und für die Zirkel brauchen wir eine Personalkonstanz.

Wo sollten IQZ in fünf Jahren stehen?

S: Die Zirkel werden langfristig fest in der Unterstützungslandschaft verankert sein. Eine Finanzierung der Überleitungsleistungen muss in den kommenden Jahren sichergestellt werden. Wir brauchen den Mut zu einer Individualisierung der Zirkel, lokale Lösungen zu wagen, auch mit ganz neuen Mitspielern. Perspektivisch müssen bundesweit gut ausgebildete und erfahrene Trainerinnen und Trainer für Tutorentandems verfügbar sein. Diese bilden die lokalen Moderatorinnen und Moderatoren der IQZ aus. Dafür muss es einen institutionellen Rahmen geben. Dies mit dem Ziel, den Moderierenden neue IQZ-Instrumente zur Verfügung zu stellen und diese in die Zirkel zu bringen.

Infodienst FRÜHE HILFEN aktuell

Die vorliegende Ausgabe widmet sich niedergelassenen Kinderärztinnen und Kinderärzten als wichtige Partner in den Frühen Hilfen. Ergebnisse der NZFH-Forschung zeigen, dass Mitarbeitende der pädiatrischen Versorgung auch in den Frühen Hilfen ein hilfreiches Angebot sehen, um Familien in belastenden Lebenslagen zu unterstützen.

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