Auszug aus der Begrüßung durch PD Dr. Christina Boll
"Den erfolgreichen Weg der Frühen Hilfen müssen wir weitergehen. Frühe Hilfen sind inzwischen wichtige Impuls- und Taktgeber für andere Programmbereiche", ermutigte Dr. Christina Boll, Leiterin der Abteilung Familie und Familienpolitik, Deutsches Jugendinstitut (DJI), die Gäste.
Die Abteilungsleiterin aus dem DJI, dem Kooperationspartner der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH), blickte zunächst auf die Vorgeschichte und Entwicklung der Frühen Hilfen zurück und zog Bilanz. Diese falle gut aus, denn die Frühen Hilfen hätten viel erreicht, so Dr. Christina Boll: "Sie haben Systemgrenzen überwunden, Brücken gebaut und sich flächendeckend etabliert. Zudem entwickeln sie sich beständig weiter."
Die Versorgung von psychosozial belasteten Familien bilde aber auch zukünftig Grundpfeiler und zugleich Ziel der Frühen Hilfen, um soziale Gradienten abzumildern und dem Präventionsdilemma zu begegnen. Daher müsse man den erfolgreichen Weg der Frühen Hilfen weitergehen. "Frühe Hilfen sind inzwischen wichtige Impuls- und Taktgeber für andere Programmbereiche", erklärte Dr. Christina Boll auch mit Blick auf die Umsetzung der EU-Kindergarantie in Deutschland. Diese habe zum Ziel, Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern zu bekämpfen und den Zugang zu wichtigen Diensten wie zum Beispiel zu einer guten Gesundheitsversorgung sicherzustellen.
Als weitere erfolgreiche Aspekte, die zugleich Auftrag für die Zukunft seien, nannte sie auch die ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen den föderalen Ebenen und "die dortige Einsicht und Bereitschaft, die Frühen Hilfen als neues Versorgungselement in einem gemeinsam getragenen und gestalteten Entwicklungsprozess weiter zu etablieren und zu verbessern."
Dass die Frühen Hilfen immer "sehr agil und lernfähig" gewesen seien, habe sich zum Beispiel darin gezeigt, dass nach dem Aufbau von Basisstrukturen der Ausbau von Kooperationsformen in den Vordergrund gerückt sei. Einen wichtigen Beitrag leisteten die Frühen Hilfen auch mit Blick auf den präventiven Kinderschutz. Die Schnittstelle von Frühen Hilfen zum Kinderschutz sei weiterhin eine wichtige Gestaltungsaufgabe.
Neben Innovationen bei der Ansprache und Versorgung von Familien hätten die Frühen Hilfen aber auch in der Forschung und Qualitätsentwicklung viel bewegt. Die Studienfolge KiD 0-3 habe erstmals Zahlen der unterschiedlichen Belastungen von betroffenen Familien geliefert und – mit Blick auf die laufende Repräsentativbefragung 2022 von KiD 0-3 – freue sie sich auf die zu erwartenden aktuellen Daten. Mit den Kommunalbefragungen als Teil eines begleitenden Monitorings im Sinne des Mottos "gemeinsam für Familien" werden wichtige Daten und Analysen zur Entwicklung der Frühen Hilfen und zu den weiteren Entwicklungsbedarfen geliefert.
"Forschung zu den Frühen Hilfen ist dabei kein Selbstzweck", so Dr. Christina Boll, "die Entdeckung neuer Bedarfe, die Identifikation von Versorgungslücken und die Hinweise zu Weiterqualifizierungsbedarfen der Fachkräfte mündeten in einer stetigen Qualitätsentwicklung" und würden auch zukünftig in die Praxis übersetzt.
Aufgaben und Herausforderungen in den Bereichen Forschung und Qualitätsentwicklung sah sie insbesondere darin, gemeinsam mit der Praxis Erkenntnisse zu diskutieren, neue Fragestellungen zu untersuchen und so partizipativ die Praxis weiterzuentwickeln. Zudem sei qualitative Forschung zu Familien und Fachkräften unverzichtbar, um "das innere Erleben, die Gründe für das eigene Handeln und die Bedeutungsgebung zu verstehen und für die Praxis nutzbar zu machen".
Außerdem gewinne die Wirkungsforschung weiter an Bedeutung, zum Beispiel um "in Zeiten knapper Kassen" Ressourcen verantwortungsvoll einzusetzen oder um "Schnittstellen und Kooperationen zu relevanten Akteuren zu beleuchten", erläuterte Dr. Christina Boll.
Sie zeigte aber auch Lücken in der Datenbasis auf. Um differenzielle Verläufe von Armut und Prekarität noch besser abbilden und die Rolle des Sozialraums und des Staates noch besser verstehen zu können, würden noch bessere Längsschnittdaten benötigt: "Eine solche Datenbasis ist von übergeordneter, ressortübergreifender Bedeutung", für deren Aufbau sich das DJI weiter einsetze.
Im Namen des Deutschen Jugendinstituts – auch stellvertretend für die Direktorin des DJI, Prof. Dr. Sabine Walper – richtete Dr. Christina Boll abschließend ihren Dank an das Team des NZFH, DJI und an die BZgA: für das gemeinsam Erreichte und das Zusammenbringen von Erfahrungen und Kompetenzen im NZFH, um Frühe Hilfen auf Basis der Forschung weiterzuentwickeln.
Zudem bedankte sie sich für die gute Zusammenarbeit auf der persönlichen und menschlichen Ebene beim Team in der BZgA und im BMFSFJ und blickte zuversichtlich auf die gemeinsam zu bewältigenden Herausforderungen wie die Corona-Pandemie, das Fluchtgeschehen, den Fachkräftemangel und die fortgesetzte Digitalisierung von Angeboten.
Um für die anstehenden Aufgaben Kraft zu schöpfen, solle man sich gelegentlich auf das schon Erreichte besinnen – zum Beispiel im Rahmen der Jubiläumsfeier.