Frühförderstellen brauchen Ressourcen, um sich bei den Frühen Hilfen einzubringen
Rainer Hilbert vom Familienberatungszentrum (Kafa, Erziehungsberatung und Frühförderstelle) präsentierte die Präventionsarbeit im Kasseler Stadtteil Nordstadt. Für ihn sind die Trägerschaft und deren Tradition entscheidend, wie mit dem Thema "Frühe Hilfen" umgegangen wird. Vor allem die Finanzierung sei ausschlaggebend, wie viel Kapazitäten bleiben, sich mit Frühen Hilfen zu beschäftigen. Er zeigte auf, wie unterschiedlich die Frühförderstellen in Hessen aufgestellt sind, da sie von unterschiedlichen Trägern getragen werden und verschiedenen Finanzierungsmodellen unterliegen. Je nach Leistungsvereinbarung können Gremienarbeit, offene Sprechstunden oder Diagnostik in der Abrechnung berücksichtigt werden oder nicht. Die Einzelfallabrechnung wie sie auch bei Kafa praktiziert wird, lässt seiner Meinung nach kaum eine Vernetzung zu. Zusätzlich habe sich die inhaltliche Arbeit stark verändert, vor 17 Jahren waren 90 Prozent der Kinder in der Beratungsstelle mehrfach körperlich beeinträchtigt, heute sind 90 Prozent der Kinder sozial benachteiligt. So arbeite die Frühförderung mit vielen Multiproblemfamilien. Die Frühförderinnen und -förderer selbst verstehen sich als "Spezialisten für den Dreiklang" von kindlicher Entwicklung, Beratung der Eltern und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Frühförderung arbeite aufsuchend und niedrigschwellig.
Die Rahmenbedingungen der Frühförderung geben nach Meinung von Rainer Hilbert jedoch wenig Spielraum das spezifische Wissen in die Frühen Hilfen einzubringen. So wurde beispielsweise eine Babysprechstunden gemeinsam von Frühförderung und Erziehungsberatungsstelle entwickelt. Aufgrund der Einzelabrechnung der Frühförderung werde allerdings die Babysprechstunde in der Erziehungsberatungsstelle durchgeführt und nicht in der Frühförderstelle. Dennoch konnte die Familienberatungsstelle eine "Präventionskette" im Sinne der Frühen Hilfen starten, um alle Eltern in der Nordstadt zu erreichen. Die Beratungsstelle übernimmt dabei eine "Lotsenfunktion", durch die sich die Eltern in allen Fragen immer wieder an Kafa wenden können. Diese Funktion können sie jedoch nur übernehmen, da sie im Stadtteil gut vernetzt sind.
Alle Angebote dienen dazu, die Erziehungs- und Beziehungskompetenz der Eltern zu stärken. Die Präventionskette für Familien mit 0- bis 3-Jährigen ist mit Angeboten wie erweiterte Geburtsvorbereitung und Rückbildungsgymnastik, Begrüßungspaket, Babysprechstunde, Frühförderung, Erziehungsberatung sowie Opstapie ausgestattet. Die Angebote "Mein Kind und ich" und das Heidelberger Elterntraining werden im Moment entwickelt bzw. ausgebaut. Für Familien mit Kindern ab 3 Jahren gibt es Starkmach-Gruppen, Elternkurse, offene Angebote für Väter, Frauenfrühstück – Elterncafé, Kinderprojekte in den Ferien, Kochkurse sowie Veranstaltungen zu den Elternbriefen. Rainer Hilbert hob die Lotsenfunktion der Familienberatungsstelle im "Angebotsdschungel" und die Zusammenarbeit mit Jugendamt und Gesundheitsamt hervor.