Sensible Phase der Bindungsentwicklung
Auf beeindruckende Weise schilderte PD Dr. Karl Heinz Brisch, Oberarzt im Haunerschen Kinderspital am Klinikum der Universität München, dass bereits pränatale Stresserfahrungen Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung und Gene haben. Ebenso sei eine emotionale und soziale Mangelversorgung nach der Geburt ein großer Stress für die Hirnentwicklung. Besonders im ersten Lebensjahr entwickle der Säugling eine spezifische, emotionale Bindung an eine Hauptbindungsperson. Eine sichere Bindung entsteht, erklärte Brisch, wenn feinfühlig auf die Bedürfnisse des Säuglings eingegangen wird. Eine solche sichere Bindung bedeutet für das Kind Schutz und ist Voraussetzung für Empathieentwicklung, Lernen und Stressbewältigung. Schließlich kann der Säugling erst durch feinfühliges Verhalten der Eltern eine eigene Stressregulierung erlernen. Die Zeugenschaft von häuslicher Gewalt, von verbalen Misshandlungen bis hin zur körperlichen Gewalt jedoch verhindert eine sichere Bindung. Für die Mutter oder den Vater wiederum kann die Interaktion mit dem Kind die Re-Inszenierung eigener Traumata auslösen. Ein Teufelskreis, so Brisch, der sich über Generationen fortsetzen kann. Dieser Teufelskreis könne jedoch durch Hilfe von außen unterbrochen werden. Eine frühzeitige Intervention habe nicht nur Einfluss auf die Effekte der Hilfe, sondern auch eine enorme Kostenersparnis im Gesundheitssektor zur Folge. Brisch stellte zwei Beispiele für solche Hilfeangebote vor: SAFE ist ein von ihm entwickeltes Trainingsprogramm zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind. BASE ist ein Programm zur Förderung von Sensibilität und Empathie.