direkt zum Hauptinhalt springen

Von Anfang an. Gemeinsam. Bericht vom 1. Bundeskongress des NZFH, 13./14.10.2010, Berlin

Der erste  Bundeskongress des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) stand unter dem Titel „Von Anfang an. Gemeinsam.“ statt. Mit rund 350 Teilnehmenden aus ganz Deutschland ist der zweitägige Fachkongress auf sehr großes Interesse gestoßen. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder eröffnete den Kongress und die Posterausstellung der Modellprojekte zu Frühen Hilfen.

In ihrer Eröffnungsrede lobte Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die erzielten Ergebnisse: „Es ist beeindruckend, was in den Modellprojekten des Bundes zu den Frühen Hilfen geleistet wurde: Gut 2000 Familien haben wir in den vergangenen vier Jahren mit frühen Hilfsangeboten erreicht. Unsere Initiative hat gezeigt: Wir müssen den Familien so früh wie möglich Hilfsangebote machen. Die große Herausforderung wird nun darin bestehen, die wertvollen Ansätze Früher Hilfen deutschlandweit in die Praxis zu überführen. Deshalb werde ich noch in diesem Jahr ein neues Bundeskinderschutzgesetz auf den Weg bringen". Die Ministerin sagte zu, das NZFH für weitere vier Jahre zu finanzieren.

Vor der Eröffnung des Kongresses besuchte die Bundesministerin gemeinsam mit Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, und Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts, die Posterausstellung auf der Galerie des Umweltforums. Die Ausstellung zeigte Ergebnisse der Modellprojekte und dokumentierte die bisherigen Erfolge der einzelnen Länder und Institutionen.
In ihrer Begrüßungsrede betonte Prof. Dr. Elisabeth Pott: „Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg Früher Hilfen ist, dass Jugendhilfe und Gesundheitsdienste heute viel besser systemübergreifend und vor allem verbindlich zusammenarbeiten, als dies noch vor vier Jahren der Fall war.“

Auch Prof. Dr. Thomas Rauschenbach hob die Wichtigkeit einer flächendeckenden Zusammenarbeit aller Organisationen sowie der rechtzeitigen Erkennung von familiären Problemen hervor. Sein Resümee: „Den Anfang haben wir gemacht. Nun müssen wir intensiv daran arbeiten, Erfolg versprechende Konzepte weiter zu verbessern. Zugleich muss es gelingen, die Frühen Hilfen im Regelsystem zu verankern. Beides zusammen ist für eine nachhaltige Wirkung erforderlich.“

Akteurinnen und Akteure der „ersten Stunde“ diskutierten am ersten Kongresstag die bisherige Entwicklung Früher Hilfen in Deutschland unter dem Titel „Ganz schön viel dazu gelernt…“ – Vier Jahre Aktionsprogramm Frühe Hilfen. Die Leiterin des NZFH, Mechthild Paul, betonte: „Vier Jahre NZFH sind schon viel, aber sie sind noch lange nicht genug!“ Vertrauensbildende Maßnahmen seien wichtig, denn die besten Hilfsangebote würden wenig nützen, wenn sie nicht auch freiwillig von den Eltern angenommen werden. Für die Arbeit des NZFH gelte weiterhin, dass es wichtig sei, einen langen Atem zu haben, denn Erfolge würden sich erst über einen längeren Zeitraum einstellen.

In zwei Fachvorträgen bewerteten Prof. Dr. Ute Thyen, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des NZFH und Dr. Heidemarie Rose, Mitglied des Fachbeirats des NZFH die Entwicklung jeweils aus der Perspektive der beteiligten Systeme. Für das Gesundheitssystem diagnostizierte Thyen eine Komplexität an Gesetzen und Verordnungen, die von Fachkräften kaum zu durchschauen sei.

Rose beschrieb für das Jugendhilfesystem eine Vielzahl von Modellprogrammen – das Heraustreten aus der einzelnen Programmlogik sei die nächste Herausforderung im Feld Früher Hilfen. Das NZFH leiste hier in Sachen Sichtung und Bewertung wertvolle Arbeit.

 

Als internationaler Experte sprach der Niederländer Prof. Dr. Dr. h.c. Marinus H. van Ijzendoorn vom Institut für pädagogische Wissenschaften der Universität Leiden über „Frühe Intervention zur Förderung guter Elternschaft“.

Sein Vortrag zu Verbesserungen der sozio-emotionalen Entwicklung von Kindern im familiären, institutionellen und gruppenbezogenen Kontext regte das Fachpublikum zu Nachfragen und Diskussionen über Ziele und Dauer früher Interventionen an.

Umfassend beteiligten sich die anwesenden Fachkräfte an insgesamt acht parallelen Foren zu Einzelthemen Früher Hilfen, in denen Botschaften an die Fachwelt erarbeitet wurden.

Aufgegriffen wurden diese in der abschließenden Podiumsdiskussion am zweiten Kongresstag. Diese stand unter dem Titel: „Strategisch in die Zukunft denken“ - Frühe Hilfen auf dem Weg in die Regelversorgung.

Prof. Dr. Ute Thyen forderte Geduld ein: „Man kann nicht Bäume pflanzen und  gleichzeitig erwarten, dass sie noch in derselben Legislaturperiode erblühen. Sie erinnerte daran, dass Systeme ihre Zeit brauchen, um Erfolg zu haben.“

(Fotos: W. Siesing, Berlin)

Publikation zum Thema

Hrsg.: Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH), Köln, 2010